Einen besonders unterhaltsamen Wandertipp habe ich heute für Euch getestet: Ich habe mich auf den Weg gemacht von Neunkirchen nach Ernsthofen, um den neuen Mundart
Wanderweg unter die Lupe zu nehmen. Ehrlich gesagt kenne ich mich mit dem Thema Odenwälder Dialekte in ihren unterschiedlichen Ausprägungen nicht besonders gut aus. Ein paar Brocken hessisch verwende ich zwar sicher auch ab und zu, aber so richtig Mundart sprechen und verstehen kann ich nicht. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Auf jeden Fall war ich neugierig, was sich hinter einer Mundart Wanderung verbirgt, also los geht es.
Geparkt habe ich in Modautal-Neunkirchen am Höhenhaus. Dort befindet sich vor der Kirche gleich die erste Station des Mundart Weges. Wenn Euer Handy einen Barcode-QR-Scanner hat, könnt Ihr ganz bequem den Code einscannen und die Texte anhören, die für die insgesamt 7 Stationen des Weges aufgesprochen oder eingesungen wurden. An Station Nummer 1 begrüßt der Modautaler Bürgermeister und wünscht uns viel Spaß auf dem Weg. Es gibt einen Infotext zur hübschen ockerfarbenen Neunkircher Kirche, eine erste Lektion zum Thema Mundart und zwei Lieder zur Auswahl. In Lektion 1 wird geübt, wie man sich ordentlich begrüßt im Odenwald: "gurre ihr Leit" merke ich mir schon einmal, das scheint immer zu passen.
Station 2 steht am höchstgelegenen Apfelbaum der Neunkircher Höhe, der netterweise noch seine zartrosa Blüten trägt und passend dazu gibt es ein Gedicht vom Ebbelbaum und ein Lied vom Ebbelwoi für die Ohren. Der Mundart Sprachkurs Lektion 2 hat allerlei Vokabular parat rund um das Thema Essen und Trinken. Am liebsten mag ich die Wörter "Woschtbroad" für Wurstbrot und "Mumbel" für "ein Maul voll".
Der Weg führt nun weiter in den Wald hinein und wir nähern uns immer mehr der Modau-Quelle. Ganz klein und bescheiden, aus den grün bemoosten Steinen heraus, gluckert das kleine Flüsschen hier in 505 Metern Höhe . Auf den nächsten Kilometern queren wir immer wieder ihren Lauf oder spazieren rechts oder links am Flussbett entlang. Der 12 Kilometer lange Mundart Wanderweg verläuft genau auf dem sehr gut markierten Modautaler Uferweg (Wegzeichen grünes M auf weißem Grund). Dass man ziemlich weit oben auf dem Berg startet, hat den Vorteil: Es geht die meiste Zeit gemütlich leicht bergab. Die Mundart Station Nummer 3 direkt an der Modauquelle erzählt die Geschichte der Modau und wir lernen, wie die Wochentage im Odenwald richtig ausgesprochen werden: Mondach bis Sunndach, das können wir jetzt.
Wunderschöne lauschige Wiesenauen führen nun zunächst erst hinter den Häusern entlang, bevor wir Brandau auch durchqueren. Vor lauter Gebabbel und Geplapper beim Wandern verpassen wir glatt die vierte Station des Mundartweges. Sie wäre eigentlich mitten am hübschen Fachwerk-Rathaus in Brandau gewesen. Aber zum Glück kann man auch alle Stationen des Weges nochmal im Internet nachhören auf der Webseite der Mundartfreunde Südhessen. Gertrud Reinig erzählt hier in Gedichtforum, warum ihr Ortsteil "Branne" so wunnerschee ist.
So langsam wird die kleine Modau immer breiter und kraftvoller. Der Weg führt oberhalb des Flusslaufes entlang bis zum kleinen Ortsteil Hoxhohl. Bianca Bauer erzählt uns an Station 5 Geschichten der Herren der Burg Frankenstein und schwärmt vom 7-Türme-Blick und dem Odenwälder Bauernmarkt, der hier am 1. Sonntag im Oktober auf dem Bolzplatz zwischen Allertshofen und Hoxhohl stattfindet. Zwei gute Gründe, um nochmal bei einer anderen Gelegenheit den Modautaler Weitblick Weg in Angriff zu nehmen.
Fast ein bisschen zu schnell endet die Runde für uns heute in Ernsthofen. Wir stoppen nochmal an Station Nummer 6 der "Ahlheim-Ruhe" und machen eine kleine Rast auf den gemütlichen Holzbänken, um unsere Mundartkenntnisse weiter auf Vordermann zu bringen. Diesmal geht um den Umlaut "ü", aus dem im Odenwald eher ein langgezogenes "ie" gemacht wird. So wird aus grüner Soße eine "griieene Soss". In Ernsthofen genießen wir noch die letzten Wegmeter entlang der hübschen Bachgasse, bevor wir an der letzten Lauschstation Nummer 7 noch lernen, dass Ernsthofen sogar ein Schloss zu bieten hat. Mein Fazit der Wanderung: Es war wunderbar kurzweilig, lustig und interessant, den liebevollen Mundartgeschichten zuzuhören. Obendrein ist der Modautal Uferweg eine echte Genusswanderung für die Seele. Leider können wir coronabedingt heute nicht zum Abschluss in einem der schönen Gasthöfe einkehren, um unsere neu erworbenen Vokabeln gleich bei der Bestellung zu testen. Aber wir können ja wiederkommen. Und zum Trost singen uns die Ludwigsbuben vom Odenwaldklub Ernsthofen noch zum Abschied das Lied von der "Scholze Gret".
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Fritz Ehmke (Donnerstag, 28 Mai 2020 23:58)
Guure er Leit,
Herzlichen Dank für diese großartige Beschreibung unseres Mundart Wanderweges, wir freuen uns darüber
Veele Grieß
Fritz Ehmke, Manfried Hering, Franz Zoth
Mundartfreunde Südhessen und Odenwaldklub